Feuerwerk auf der Elbe am 6. Juni 1709
© Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden

300 Jahre Kupferstich-Kabinett Dresden

Im Jahr 2020 feiert das Dresdner Kupferstich-Kabinett sein 300-jähriges Bestehen als älteste öffentlich zugängliche Spezialsammlung für Kunst auf Papier im deutschsprachigen Raum: Seit 1720 werden neben den namensgebenden Kupferstichen Zeichnungen, Aquarelle, Radierungen und andere Druckgrafiken gesammelt, seit dem späten 19. Jahrhundert zudem Fotografien. Auch illustrierte Bücher und Plakate gehören zur Sammlung. Wie die meisten der in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden vereinten Museen geht das Kabinett auf die höfische Kunstkammer von Kurfürst August (1526–1586) zurück, die im Laufe des frühen 18. Jahrhunderts aufgegliedert wurde.

Von Beginn an

Von Beginn an universell angelegt, war und ist die Sammlung des Kupferstich-Kabinetts offen für Werke aller Zeiten und Länder und wurde in diesem Sinn beständig erweitert. Dabei hatten die Sammlungsverantwortlichen stets ein waches Auge für die Kunst ihrer Zeitgenossen und bewiesen bei den Erwerbungen oft besonderen Weitblick. Viele der zum Zeitpunkt ihrer Erwerbung zeitgenössischen und noch unbekannten Werke zählen heutzutage zu den besonderen Schätzen und stehen gleichrangig neben solchen, die bereits als Meisterwerke in die Sammlung gekommen sind. Exemplarisch seien druckfrische Radierungen des damals noch wenig bekannten Giovanni Battista Piranesi (1720–1778) genannt, die im 18. Jahrhundert angekauft wurden. Ein weiteres Beispiel für die Erwerbung direkt vom Künstler sind die Arbeiten Adrian Zinggs (1734–1816). Gegen Ende des 19. Jahrhunderts förderte der damalige Direktor Max Lehrs (1855–1938) Kunstschaffende auch unmittelbar, etwa Max Klinger (1857–1920) oder Käthe Kollwitz (1867–1945). Im Kunsthandel erwarb Lehrs zeitgenössische französische Grafik, darunter zahlreiche Werke von Henri de Toulouse-Lautrec (1864–1901). Diese Offenheit für die zeitgenössische Kunst prägt den Bestand bis heute und bildet die Grundlage für das Selbstverständnis des Kupferstich-Kabinetts als einer nicht nur bewahrenden, sondern auch der Gegenwart verpflichteten Institution.

Lächelnde Frau sitzt mit gespreizten Beinen, im Hintergrund festlich Gekleidete
Henri de Toulouse-Lautrec, Elles. La Clownesse assise (Mademoiselle Cha-U-Ka-O), 1896 Lithographie in 5 Farben

Heute nimmt

Heute nimmt das Kupferstich-Kabinett dank der hohen Qualität und Fülle von über einer halben Million Werken vom Mittelalter bis in die Gegenwart international eine herausragende Stellung ein. Dennoch bleibt die Sammlung der Öffentlichkeit oft verborgen. Denn gerade Werke auf Papier benötigen einen besonderen Schutz und können aufgrund ihrer extremen Lichtempfindlichkeit und Fragilität nur von Zeit zu Zeit ihre sichere Geborgenheit im Depot verlassen. Demgegenüber steht der Vorteil, dass Papier unkompliziert zu transportieren ist, die Werke so leichter Dialoge eingehen und neue Kontexte eröffnen können.

300 Jahre Kupferstich-Kabinett Dresden
12.06.—14.09.2020

300 Jahre Sammeln in der Gegenwart

Die Gegenüberstellungen von alter und neuer Kunst lädt zur Entdeckungsreise durch die Jahrhunderte seit dem Bestehen des Kupferstich-Kabinetts ein

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Henri de Toulouse-Lautrec, Plakat: Divan Japonais
© Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Herbert Boswank

Die erste Ausstellung

Die erste Ausstellung im Jubiläumsjahr steht unter dem programmatischen Thema und Titel »Sammeln in der Gegenwart«. Sie nimmt die Kunst unter dem Aspekt ihrer Erwerbungsgeschichte und ihrer jeweils aktuellen Zeitgenossenschaft in den Blick. In seiner Frühzeit diente das Kupferstich-Kabinett als universelles Archiv von Bildideen und als Ort der bildlichen Dokumentation für den höfischen Bedarf. Zunächst unterschied sich die Funktion des neugegründeten Spezialmuseums wenig von den Grafikbeständen innerhalb der kurfürstlichen Kunstkammer. Im 18. Jahrhundert wurde vor allem Reproduktionsgrafik von Gemälden und Skulpturen gesammelt und auf diese Weise Kunst- und Welterkenntnis auf kleinstem Raum ermöglicht. Druckgrafik diente aber immer wieder auch dazu, bedeutende historische Ereignisse im Bild festzuhalten: So war etwa der als Serie von Kupferstichen angelegte Bildbericht von den Planetenfesten Augusts des Starken anlässlich der Vermählung seines Sohnes Friedrich August mit der Kaisertochter Maria Josepha im Jahr 1719 künstlerisches Mittel der Machtdemonstration und Selbstrepräsentation des sächsischen Herrschers.

© Kupferstich-Kabinett, SKD, Foto: Herbert Boswank
Charlotte Rudolph, Gret Palucca - Mit doppeltem Schatten, 1925 Silbergelatinepapier, retuschiert, 191 x 171 mm

In diesem Zusammenhang

In diesem Zusammenhang stehen auch Werke von Hofkünstlern wie Bernardo Bellotto (1722–1780), dessen großformatige radierte Veduten die Pracht Dresdens in aller Welt bekannt machen sollten. Auch hier behielt man Belegexemplare für die eigene Sammlung zurück. Andere Werke gelangten als Geschenke befreundeter Fürsten in das Kabinett oder wurden von Künstler*innen gestiftet.

Das Jubiläum

Das Jubiläum gibt Anlass zur Rückschau: Die Sammlung bildet sowohl die wechselvolle Geschichte aus Kriegs- und Friedenszeiten, aus unterschiedlichen Gesellschaftsformen und politischen Systemen als auch ein Stück Kunstgeschichte ab, geprägt von mehreren Generationen von Wissenschaftler*innen, Sammler*innen, Vermittler*innen, Restaurator*innen und Besucher*innen. Das Jubiläum bietet aber auch die Möglichkeit, in die Zukunft zu blicken und das Kupferstich-Kabinett mit seinen schier unerschöpflichen Beständen als einen lebendigen, innovativen und demokratischen Ort im öffentlichen Bewusstsein zu verankern – als einen Ort, an dem seit 300 Jahren Kreativität und Wissen, kritisches Denken und ästhetischer Genuss erfahrbar sind. Ausgehend von dem vielseitigen und globalen Charakter einer Institution als Sammlungsverbund, die sich museumsübergreifende Brückenschläge zum Ziel setzt, wird das Kupferstich-Kabinett nicht nur in seinem Zuhause im Residenzschloss, sondern mit seinen Werken auch in anderen Museen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sichtbar sein. Ein weiterer Schauplatz des Jubiläums wird das Josef-Hegenbarth-Archiv sein, das mit dem umfänglichen Nachlass des Künstlers seit 1998 zum Kupferstich-Kabinett gehört. An allen diesen Orten werden nicht nur die Geschichte und Zukunft des Kupferstich-Kabinetts reflektiert, sondern auch Denkräume geöffnet und Fragen aufgeworfen.

Heutzutage

Heutzutage setzen Kooperationen mit der Hochschule für Bildende Künste Dresden oder der Sächsischen Akademie der Künste sowie großzügige Schenkungen und Stiftungen von privaten Sammlern zusätzlich Impulse für zeitgenössische Erwerbungen. Mit der Präsentation »Crossing Borders. Sammeln für die Zukunft« werden am Ende des Jubiläumsjahres Möglichkeiten des Sammelns in der heutigen Zeit vorgestellt und vor allem zeitgenössische Arbeiten auf Papier gezeigt. Die Morgan Library & Museum in New York wird Ende 2020 für die Dauer einer Ausstellung 60 Werke aus Dresden bei sich aufnehmen und präsentiert damit die herausragende Sammlung auf exponierter internationaler Bühne. Unterstützt von externen Fachkolleg*innen werden die Mitarbeiter*innen des Kupferstich-Kabinetts einen umfangreichen Katalog über die Meisterwerke in englischer und deutscher Sprache vorlegen.

Das Kupferstich-Kabinett

Das Kupferstich-Kabinett versteht sich als einen musealen Ort, der Faszination und Orientierung bieten kann, an dem die Auseinandersetzung mit künstlerischen Positionen helfen kann, die große Bandbreite an Fragen unserer Gegenwart zu entfalten: Fragen zu Identität, Alter, Anonymität, Partizipation und Freiheit. Dabei wollen die Jubiläumsaktivitäten auch ein Wegweiser für das Sammeln in den kommenden Jahrhunderten sein. Denn der Sammlung des Kupferstich-Kabinetts ist nicht nur das Wesen als Speicher, sondern gleichzeitig Öffnung und Dynamik eingeschrieben.

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